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Ottomotor

Der Zündzeitpunkt

Der Zündzeitpunkt am Beispiel der Vollelektronischen Zündung (VEZ) von AUDI

Zum Verständnis der Zündzeitpunktsteuerung und -regelung moderner Zündanlagen wird die (jetzt nicht mehr ganz moderne) Zündung des AUDI 100 (5 Zylinder Turbomotor, Bj. 1990) herangezogen. Ich habe das System gewählt, weil es noch als eigenständiges Zündungssystem arbeitet und noch nicht in einer Motronic aufgegangen ist. Jedes Fahrzeug hat im Grunde zwar andere aber doch im wesentlichen ähnliche Zündsysteme. Jedes einzelne System zu erklären, wäre zu aufwändig.

Warum muss der Zündzeitpunkt eigentlich verändert werden?

Mit zunehmender Motordrehzahl wird die Geschwindigkeit des Kolbens immer größer. Der Kolben erreicht also immer schneller den oberen Umkehrpunkt oder Totpunkt (OT).

Die Zeit vom Zünden bis zur vollständigen Entflammung des Gemisches und zum Erreichen des Verbrennungshöchstdrucks jedoch, dauert ungefähr gleich lang (1-2 ms). Somit ist eine Vorverlegung des Zündzeitpunkts, in Richtung "früh", erforderlich.

Denn ohne Frühzündung könnte der Motor kaum seine Leistung entfalten, da sich dann der Kolben bereits zu weit in seiner Abwärtsbewegung befindet, wenn der Verbrennungsdruck sein Maximum erreicht. Der Höchstdruck sollte nach Möglichkeit kurz nach OT erreicht werden.

Zu viel Frühzündung führt allerdings für den Motor zu stärkerem Verschleiß oder gar zu Motorschäden (
s. Kasten unten: Klopfen).

Kolbenschaden
Kolbenschaden: Abgeschmolzener Feuersteg am Ottokolben - Mögliche Gründe: falscher Kraftstoff (zu geringe Oktanzahl, Diesel statt Benzin) verwendet worden. Die Zündkerze hat einen zu niedrigen Wärmewert. Der Zündzeitpunkt ist falsch eingestellt.

 

Mit sich änderndem Unterdruck im Saugrohr verändert sich die Last, d.h. das Gemisch ist mal magerer und mal fetter. Im Leerlauf und bei Volllast ist das Gemisch fetter, im Teillastbereich magerer. Mageres Gemisch brennt etwas langsamer, was somit ebenfalls eine frühere Entzündung des Kraftstoff-Luftgemisches erforderlich macht (vergleiche hierzu auch die Bilder über die Zündkennfelder weiter unten). Der Zündzeitpunkt wird übrigens nicht als "Zeit" sondern immer in Grad Kurbelwinkel (°KW) bezogen auf den OT angegeben.

Mit zunehmender Motorlast (Drehmoment) steigt auch der Zünddruck, hierdurch kann eine Selbstzündung ausgelöst werden. Hochverdichtende Motoren sind besonders anfällig für das Klopfen, diese brauchen dann einen Kraftstoff, der selbst unter Höchstlast ein Klopfen verhindert.

Die wichtigsten Informationen (Haupteingangsgrößen) für jede Zündanlage zur Bestimmung des Zündzeitpunkts sind somit:

  • Motordrehzahl und
  • Motorlast

Wichtige Korrekturgrößen sind:

  • Ansauglufttemperatur und
  • Motortemperatur

Ein kalter Motor bzw. kalte Ansaugluft verändert die Gemischbildung, was wiederum eine Anpassung des Zündzeitpunkts erforderlich macht.

Im folgenden Bild können Sie die Sensoren zur Bestimmung des Zündzeitpunkts, der Klopfregelung, der Leerlaufregelung und der Lambdaregelung des AUDI erkennen.

Sensoren Zündung

Zur Bestimmung des Zündzeitpunkts werden bei unserem Motor die Signale des  Hallgebers, des Zündzeitpunktgebers (als Bezugsmarkengeber) und des Motordrehzahlgebers vom Steuergerät gemeinsam ausgewertet.

Zündzeitpunktgeber und Drehzahlgeber sitzen beide über dem Anlasserzahnkranz (Bild links). Der Zündzeitpunktgeber ist ein Bezugsmarkengeber, der einen Stahlstift 62° v. OT "erkennt".  Dabei wird bei jeder Kurbelwellenumdrehung ein Wechselspannungsimpuls erzeugt (induziert). Der Geber für die Motordrehzahl erfasst die 135 Zähne des Zahnkranzes und erzeugt ebenso viele Impulse. Das Hallgebersignal wird im Zündverteiler erzeugt (Bild rechts). Er besteht aus dem Blendenring und einem Hall-IC. Der Blendenring hat "Fenster" und läuft mit Nockenwellendrehzahl.  Das Signal wird für den Motorstart und für die zylinderselektive Klopfregelung benötigt.

Weitere Informationen zu Induktivgeber oder Hallgeber finden Sie übrigens bei den Sensoren.

Bezugsmarkengeber, induktiv, an der Kurbelwelle 

Bezugsmarkengeber, induktiv, an der Kurbelwelle

Hallgeber im Zündverteiler

Hallgeber im Zündverteiler

Wenn das Hallgebersignal und das Zündzeitpunktgebersignal gleichzeitig eingehen, weiß die VEZ, dass der Zünd-OT des 1. Zylinders folgt und löst die Zündung aus. Das Steuergerät zählt von diesem Punkt aus 54 Zähne (144° KW, 5 Zylindermotor) des Schwungrades und löst die nächste Zündung aus. Der Zylinder wird intern berechnet. Der Motorstart wird durch das Hallgebersignal erkannt.  Nach dem Start wird das Zündzeitpunktgebersignal nicht mehr gebraucht.

Signalverläufe

Signale der Zündung (VEZ)

Signale der Zündung (VEZ)

Die zweite große Steuergröße für den Zündzeitpunkt neben der Drehzahl ist, wie erwähnt, die Last. Sie wird in unserem Beispiel durch einen Saugrohrdrucksensor im Steuergerät indirekt ermittelt.

Weitere Informationen finden Sie auch hier bei den Sensoren.

Durch die Last- und die Drehzahlinformationen kann das Steuergerät den Zündzeitpunkt mit Hilfe der Zündkennfelder steuern und mit Hilfe der Klopfregelung den Zündzeitpunkt regeln (siehe weiter unten).

Die vorgegebenen Zündkennfelder 1 und 2 für die Berechnung des Zündzeitpunkts sind im Steuergerät gespeichert. An den Bildern kann man gut erkennen, dass bei Normalsprit der Zündzeitpunkt besonders bei hoher Drehzahl und hoher Last später liegt.

Das Zündkennfeld 1 ist für Verwendung mit vorgesehenem Superkraftstoff

 

Das 2. Kennfeld bei Verwendung von schlechteren Kraftstoff (Oktanzahl < 95 Oz).

Bei Start des kalten Motors wird Kennfeld 2 verwendet. Ab 65° Motortemperatur wird auf Kennfeld 1 umgeschaltet. Bei anhaltender klopfender Verbrennung wird auch auf Kennfeld 2 geschaltet.

Bei klopfender Verbrennung steigt der Verbrennungsdruck sehr stark an. Kapitale Motorschäden können daraus erfolgen. Durch die Klopfregelung wird die Klopfneigung rechtzeitig erkannt und der Zündzeitpunkt angepasst, d.h. stufenweise (siehe Bild) in Richtung "spät" verstellt. Anschließend geht der Zündzeitpunkt wieder schrittweise in Richtung "früh".

Klopfregelung

Verbrennung bei Klopfen

Klopfen und Verbrennung

Durch das Hallgebersignal kann das Klopfen dem richtigen Zylinder zugeordnet werden. Es ist somit möglich, jedem Zylinder seinen eigenen Zündzeitpunkt zuzuordnen. Bei diesem System ist bei weiterer Klopftendenz trotz Zündungsrücknahme, noch die Senkung des Ladedrucks und die Gemischanfettung möglich.

Dass der Motor zu klopfen beginnt, weiß der Klopfregler im Steuergerät aber nur durch die Klopfsensoren. Diese arbeiten nach dem piezoelektrischen Prinzip, d.h., dass durch Druck (auf den Piezokristall) eine Spannung erzeugt wird. Dieses Prinzip wird beispielsweise auch bei elektronischen Feuerzeugen angewendet. Die Änderungen im Verbrennungsdruck werden über den Zylinder auf den Klopfsensor übertragen und erzeugen ein Spannungssignal, dass im Klopfregler ausgewertet werden muss. Die Klopfgrenze ändert sich nach den Betriebsbedingungen des Motors. Bei klopfender Verbrennung ändert sich das Signal signifikant und kann vom Steuergerät deshalb vom normalen Verbrennungsdruck unterschieden werden. 

Klopfsensor

Klopfsensoren

Der Audi verwendet einen Klopfsensor für die Zylinder 1 und 2, den  anderen für die restlichen Zylinder 3, 4 und 5. Wie bereits erwähnt hilft der Hallgeber bei der genauen Zylinderzuordnung.

Am so berechneten Zündzeitpunkt wird ein Ausgangssignal vom Steuergerät zur Leistungsendstufe der Zündspule gesetzt. Diese schaltet den Primärstrom der Zündspule ab, was die Zündung auslöst.

Zündspule mit Leistungsendstufe

Zündspule mit Leistungsendstufe

Leerlaufschwankungen werden beim AUDI durch Veränderung des Zündzeitpunkts aufgefangen. Man nennt dies auch Digitale Leerlaufstabilisierung (DLS). Zusammen mit der saugrohrseitigen Leerlaufstabilisierung (Zusatzluft) wird ein ruhiger Motorleerlauf bewirkt.

Was versteht man eigentlich unter Klopfen?

Bei der Verbrennung im Zylinder kann es zum sog. Klopfen oder Klingelndes Motors kommen.
Dabei entzündet sich ein Teil des Gemisches von selbst und beeinträchtigt das Laufverhalten des Motors.

Das verdichtete Gemisch wird normalerweise beim Otto-Motor von der Zündkerze gezündet. Es entsteht eine Druckwelle, die sich schneller im Zylinder ausbreitet als die Flammenfront. Der Druck steigt also weiter an und kann an einer anderen Stelle des Zylinders eine Selbstzündung entfachen. Diese wiederum führt zum vollkommen unkontrollierten Brennverlauf. Die beiden Flammenfronten laufen nun gegeneinander und verursachen das knallende Geräusch des Klopfens. Die Temperaturen steigen unkontrolliert an. Dabei können Temperaturspitzen entstehen, die den Kolbenboden schmelzen lassen. Der Kolben kann sich aber auch durch die übermäßige Erwärmung stärker ausdehnen und an den Zylinderwänden reiben. Die Folge ist dann ein kapitaler Motorschaden, der Kolbenfresser.

Ursachen für die vorzeitige Selbstzündung sind:

- Drehzahl und Drehmoment (Last)
- Kraftstoffeigenschaften

 

 

 

Der Druck im Zylinder hat einen harmonischen Verlauf.

Das Klopfen setzt ein und sorgt für ungleichmäßige Druckschwankungen im Zylinder.

Durch die unkontrollierte Selbstzündung entstehen Druckspitzen. Der Druck steigt exponentiell an und zeigt einen chaotischen Verlauf.

 

 

Maßnahmen zur Vermeidung von klopfender Verbrennung

  • Durch den Einbau eines Drallkanals für die Frischluft kann das Gemisch homogener durchmischt werden.

  • Die Zündkerzen sollten möglichst mittig angebracht werden, damit die Zündwege zu den Zylinderwänden kurz bleiben.

  • Durch eine gute Wärmeableitung am Zylinderkopf sinkt die Temperatur und die Gefahr des Klopfens. Leichtmetall-Zylinderköpfe sorgen für eine gleichmäßige Temperaturverteilung.

  • Ein späterer Zündzeitpunkt verhindert eine frühzeitige Selbstzündung. Dies wird normalerweise von der elektronischen Klopfregelung von selbst durchgeführt.

  • Verwendung von klopfhemmenden Kraftstoffzusätzen. Diese sog. Antiklopfmittel basieren auf Bleiverbindungen, die die Umwelt in großem Masse belasten. Außerdem sind sie bei Fahrzeugen mit Katalysator nicht einsetzbar. Der Einsatz von alkoholhaltigen Zusätzen bringt zwar eine höhere Klopffestigkeit, benötigt aber eine Modifikation der Gemischbildung. Sie greifen die im Fahrzeug verwendeten Dichtungen an und können so für Nachfolgeschäden verantwortlich sein.

Quelle der Informationen und Bilder: AUDI Selbststudienprogramm SSP 110, Fachhochschule Frankfurt am Main, Kolbenbild von Mahle,

Weiterführende InfosZündkerzenÜbersicht Zündanlagen | Sensoren |




Autor: Johannes Wiesinger

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