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Grundlagen der Elektrotechnik im Auto - Wirkungen des elektrischen Stroms

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„Elektrischen Strom sieht man nicht; man erkennt ihn nur an seinen Auswirkungen.“ Diesen Merksatz bekommt wohl jeder angehende Kfz-Mechatroniker irgendwann in seiner Ausbildung zu hören. Man unterscheidet im Wesentlichen fünf verschiedene Wirkungen des elektrischen Stromes:

Die Wärmewirkung, die Lichtwirkung, die magnetische Wirkung, die chemische Wirkung und die physiologische Wirkung.

Die Wärmewirkung

Im Automobil gibt es viele Beispiele wo die Wärmewirkung des elektrischen Stroms angewandt wird. So wird mit einem Heizdraht die Heckscheibe oder die Außenspiegel abgetaut, der Autositz erwärmt oder die Zigarette angezündet. Und beim Diesel würde ohne die Vorglühung der Kaltstart problematisch werden.

Der Grund für diese Wirkung beruht darauf, dass die Elektronen, die durch den Draht fließen, mit den Atomen im Drahtinneren zusammen stoßen. Dabei verlieren sie einen Teil der Bewegungsenergie und geben diese an die Atome des Drahtes ab. Diese Bewegungsenergie erhöht die Temperatur des Drahtes. Die Temperaturänderung des Leiters hängt von der Stromstärke ab. Höhere Stromstärke bewirkt eine größere Temperaturerhöhung des Leiters. Denn fließt eine größere Menge von Elektronen pro Zeit durch einen Leiter, dann erfolgen mehr Stöße mit den Atomen im Drahtinneren, was zur größeren Erwärmung des Leiters führt. Wird der Stromfluss jedoch einmal zu groß, nutzen Schmelzsicherungen die Wärmewirkung, um den Stromkreis abzuschalten. Die Wärmewirkung ist aber auch materialabhängig. So verwendet man z.B. zur Unterstützung der Diesel-Fahrzeugheizung sogenannte PTC-Heizer aus einer speziellen Keramik, um die ausströmende Luft zusätzlich zu erwärmen.

PTC Heizer

Auch ein PTC Heizer nutzt die Wärmewirkung des elektrischen Stroms (Bild Beru)

Bei Glühlampen wird die Wärmewirkung sehr deutlich. Sicherlich hat sich der Leser auch schon mal die Finger an einer heißen Lampe verbrannt. Hier ist die Wärme ein Nebeneffekt, wenn auch ein sehr großer. Rund 90% der eingesetzten Energie gehen als Wärmestrahlung an die Umgebung, die restlichen 10% können als Licht genutzt werden. Die Lichtwirkung der Glühlampe ist somit im Grunde auch eine Wärmewirkung.

Die Lichtwirkung

Aber neben der durch Wärme erzeugten Lichtwirkung gibt es noch andere Möglichkeiten. Denn beim Durchgang des elektrischen Stroms durch Gase oder Dämpfe wird meist Wärme, Licht und Schall abgegeben. Im Gas vorhandene geladene Teilchen werden durch das elektrische Feld zwischen zwei Elektroden beschleunigt und beim Zusammenstoß mit nicht geladenen Teilchen wird die Ladung zum Teil wieder abgegeben. Es entstehen Ladungsträgerlawinen, man spricht auch von Stoßionisation. Durch sie kommt es irgendwann zur Zündung des Gases. Das elektrische leitende Plasma bildet einen leuchtenden Lichtbogen.

Die Xenonlichtlampe im Kfz ist so eine Gasentladungslampe. Sie besitzt keine Glühwendel. Der Lichtbogen brennt zwischen zwei Wolfram-Elektroden. Das leuchtende Plasma besteht aus einer Xenon Gasmischung und Metallsalzen, es wird durch einen Hochspannungsimpuls von ca. 10 bis 20 kV gezündet und brennt bei einer Betriebsspannung von 85 V.

Bi Xenon Scheinwerfer

Die Lichtwirkung des elektrischen Stroms sorgt im Bi-Xenon Scheinwerfer des Astra dafür, dass Xenongas zum Leuchten angeregt wird. (Bild: Hella)

Wenn bei dem Halbleiter-Bauelement Leuchtdiode (Lichtemittierende Diode = LED), Strom in Durchlassrichtung fließt, so strahlt sie Licht in einer bestimmten Wellenlänge ab. Dies wird auch im Kfz immer mehr genützt. Ob als Brems- oder Blinkleuchte, als Heck- oder Tagfahrleuchte, LEDs finden immer mehr den Weg ins Automobil. Sogar Hauptscheinwerfer werden mittlerweile damit ausgestattet.

LED Tagfahrleuchte

Diese Tagfahrleuchten des VW Golf 5 wurden mit LEDs nachgerüstet (Bild: Hella)

Die magnetische Wirkung

Durch jeden Draht durch den ein Strom fließt, entsteht um den Leiter herum ein Magnetfeld. Bei Spulen ist der Leitungsdraht in sehr vielen Windungen übereinander gewickelt. Dabei überlagern sich die Wicklungsschleifen zu einem intensiven Gesamtfeld, häufig noch verstärkt durch einen Eisenkern. Auf diese Weise erzeugen Elektromagnete im Regelfall wesentlich größere magnetische Feldstärken als Dauermagneten. Der Kfz-Mechatroniker kennt als typisches Bauteil das Relais, um Stromkreise ein- und auszuschalten. Aber auch die Wirkungsweise eines Signalhorns oder Lautsprechers beruht auf der magnetischen Wirkung von Spulen.

Audi Q3 Bose Sound

Die magnetische Wirkung des elektrischen Stroms bewirkt phantastischen Surround Sound (Bose) auch im Automobil (Bild: Audi)

Nicht zu vergessen sind auch die Zündspule und der Generator. Aber ebenfalls jedem Elektromotor vom Wischermotor über den Anlasser bis hin zum elektrischen Antrieb ist eines gemein: Sie nutzen die magnetische Wirkung des elektrischen Stroms.

Audi A1 e-tron

Elektrischer Traktions-Motor und Generator Modul des Audi A1 e-tron nutzen die magnetische Wirkung des elektrischen Stroms (Bild: Audi)

Die chemische Wirkung

Die Starterbatterie im Auto gibt beim Starten Strom ab und wird beim Motorlauf durch den Generator wieder aufgeladen (Akkumulator). Dabei finden chemische Reaktionen statt, chemische Energie wird in elektrische gewandelt und umgekehrt. Die Batterie ist dabei im Grunde genommen ein Galvanisches Element, das heißt sie enthält eine Anordnung von Elektroden, die aufgrund einer elektrochemischen Reaktion elektrische Energie liefert. Die Elektroden (Anode und Kathode) sind dabei in eine elektrisch leitende Flüssigkeit (Elektrolyt) getaucht; eine Spannung nach der elektrochemischen Spannungsreihe entsteht. Die Anode gibt Elektronen ab, die Kathode nimmt Elektronen auf. Werden beide Elektroden (Plus- und Minuspol) durch einen elektrischen Leiter verbunden, fließt zwischen den beiden Elektroden ein elektrischer Strom. Der chemische Prozess in der Starterbatterie kann durch Laden wieder rückgängig gemacht werden.

AGM Batterie

Eine Starterbatterie wandelt chemische Energie in elektrische um. Bei der hier im Schnitt dargestellten AGM Batterie ist der Elektrolyt in ein Mikroglasfaservlies eingebettet. Sie eignet sich für Start-Stopp-Systeme (Bild: kfztech.de)

Bei der Galvanik (Elektrolyse) wird durch ein elektrolytisches Bad Strom geschickt. Die Vollverzinkung der Karosserie wird beispielsweise durch Elektrolyse hergestellt. Dafür braucht es zwei Elektroden, eine äußere Gleichstromquelle und einen Behälter zur Aufnahme des Elektrolyten. Am Pluspol (Anode) befindet sich das Metall, das aufgebracht werden soll (z. B. Zink), am Minuspol (Kathode) der zu beschichtende Gegenstand (Stahl-Karosserie). Der elektrische Strom löst die positiv geladenen Zinkionen von der Verbrauchselektrode ab, diese wandern zur negativen Elektrode und lagern sie durch Reduktion an der Karosserie als elementares Zink nieder.

Galvanisches Element

Bei der Galvanik wird durch ein elektrolytisches Bad Strom geschickt. An der Anode befindet sich das Kupfer, an der Kathode der zu beschichtende Gegenstand. Der elektrische Strom löst dabei Kupferionen ab und lagert sie durch Reduktion ab. (Grafik: Thorsten Henning / Public Domain)

Die physikalische Wirkung

Oder: die Auswirkungen des elektrischen Stroms auf den Menschen

Fließt ein Strom durch den menschlichen Körper, z. B. beim Berühren eines unter Spannung stehenden Leiters, so verkrampfen sich die Muskeln, wenn der von außen kommende Strom viel größer als der körpereigene Strom in den Nervenbahnen ist. Der Verunglückte ist dann unfähig, die Berührungsstelle wieder loszulassen. Fließt Wechselstrom über das menschliche Herz, so versucht es, den schnelleren und stärkeren Impulsen von außen zu folgen. Es arbeitet deshalb wesentlich schneller. Dabei kommt es zu Herzrhythmusstörungen, d. h., das Herz arbeitet unregelmäßig. Auch Herzkammerflimmern mit folgendem Ausfall der Herztätigkeit und anschließendem Kreislaufstillstand sind möglich. Aufgrund des Sauerstoffmangels kommt es bereits nach kurzer Zeit zur Schädigung der Gehirnzellen und dies führt im weiteren Verlauf zum Tod.

Entscheidend für die Folgen eines elektrischen Unfalles ist die Stärke des Stroms, der beim Berühren unter Spannung stehender Teile durch den Körper fließt. Aus Erfahrung weiß man, dass schon eine Stromstärke von 50 mA den Tod herbeiführen kann, wenn der Strom über das Herz fließt.

Stromstärken ab 50 mA sind lebensgefährlich!

Die Gefährdung nimmt mit höherer Stromstärke und längerer Einwirkungsdauer zu. Der durch den Körper fließende Strom hängt von der Spannung und vom Widerstand des Körpers ab. Dieser Körperwiderstand setzt sich aus dem inneren Widerstand des Körpers und den Übergangswiderständen an der Stromeintritts- und Stromaustrittsstelle zusammen. Die Übergangswiderstände hängen von äußeren Verhältnissen ab. Trockene Haut und trockene Kleidung haben einen großen Widerstand. Bei Feuchtigkeit, z. B. Schweiß oder nassem Fußboden, ist der Übergangswiderstand dagegen gering. Der Übergangswiderstand wird außerdem umso kleiner, je größer die Berührungsfläche und je höher der Berührungsdruck ist.

Wechselspannungen über 50 V und Gleichspannungen über 120 V sind lebensgefährlich

Xenon Licht System

Auf Grund der hohen Spannungen und Wechselströme sind beim Auswechseln der Xenon Lampe bestimmte Sicherheitsbestimmungen einzuhalten. (Bild: Bosch)

Wechselstrom mit einer Frequenz von 50 Hz ist gefährlicher als Gleichstrom, weil dadurch Herzkammerflimmern leichter ausgelöst werden kann. Die Wärmewirkung des elektrischen Stromes führt bei großer Stromstärke an der Ein- und Austrittsstelle zu Verbrennungen. Bei Lichtbögen kann es zu Verbrennungen 4. Grades, das heißt bis zum Verkohlen von Körperteilen kommen. Als Folge starker Verbrennungen kommt es zur Überlastung der Nieren und möglicherweise auch zum Tode. Durch die chemische Wirkung des Stromes kann, vor allem bei längerer Einwirkungsdauer, das Blut elektrolytisch zersetzt werden. Dadurch kommt es zu schweren Vergiftungserscheinungen. Solche Folgeerkrankungen können auch erst nach einigen Tagen auftreten.

Elektrische Wechselströme im Bereich der Netzfrequenz sind bereits ab 0,5 mA für den menschlichen Organismus spürbar und bei höheren Stromstärken über 10 mA, welche länger als 2 s einwirken, gefährlich. Gleichströme sind ab 2 mA spürbar und ab 25 mA, welche länger als 2 s einwirken, gefährlich. Man spricht dann auch von einem Stromschlag.

Die folgende Tabelle gibt die Gefährlichkeit von Wechselstrom von 50–60 Hz nach IEC 60479-1 wieder:

Stromstärke  Dauer  physiologische
Einwirkung 
unter 0,5 mA  beliebig lang  Wahrnehmbarkeitsschwelle: Unter diesem Wert sind elektrische Wechselströme für den Menschen nicht wahrnehmbar
unter 10 mA
unter 200 mA 
über 2 s
unter 10 ms 
Es treten im Allgemeinen keine physiologischen Wirkungen auf
unter 100 mA
unter 1A 
über 500 ms
unter 200 ms 
Starke unwillkürliche Muskelreaktionen, welche zu dauerhaften Schäden führen können
über 100 mA
über 1A 
über 500 ms
unter 200 ms 
Zusätzlich zu starken unwillkürlichen Muskelreaktionen, welche zu dauerhaften Schäden führen können, tritt Herzkammerflimmern mit Wahrscheinlichkeit von über 1 % auf

Im Kfz gibt es ja nicht nur die 12 V Spannung aus dem Bordnetz. Bei Zündanlage, Xenonanlage und elektrischem Antrieb gibt es für den Menschen gefährliche Stellen im Automobil, bei denen er umsichtig arbeiten sollte.

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Textquellen: Elektronik Kompendium, Wikipedia, Bosch, Hella, Audi, VBG, diverse Fachkunde Bücher

Dieser Artikel wurde bereits einmal im Technikprofi veröffentlicht.
 
 

Autor: Johannes Wiesinger

bearbeitet: 30.01.2024









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