Wie Künstliche Intelligenz die Kfz-Gutachter-Branche verändert und ob das Honorar noch gerechtfertigt ist
Was können KI-Tools beim Kfz-Gutachten? -
Effizienzgewinne durch KI - Ist das traditionelle, an der Schadenshöhe orientierte Honorar noch gerechtfertigt?
Die Kfz-Gutachter-Branche steht vor einem technischen Umbruch. Moderne KI-Technologien wie Bilderkennung und Textgenerierung unterstützen zunehmend bei der Erstellung von Schaden- und Wertgutachten. Das wirft die Frage auf: Ist das traditionelle, an der Schadenshöhe orientierte Honorar noch gerechtfertigt, wenn KI viele Arbeitsschritte erheblich vereinfacht?

Moderne KI-Technologien wie Bilderkennung und Textgenerierung unterstützen zunehmend bei der Erstellung von Schaden- und Wertgutachten
- Bild: Dubrovin
KI-Tools in der Gutachtenerstellung
KI wird heute vor allem als Assistenzsystem eingesetzt. Sie soll nicht den Kfz-Gutachter ersetzen, sondern repetitive Arbeitsschritte beschleunigen und standardisieren. Die wichtigsten Anwendungsfelder sind:
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Bilderkennung: Systeme wie Tractable oder FastTrackAI analysieren Unfallfotos und erkennen beschädigte Teile. Sie liefern auf Knopfdruck erste Reparaturkostenschätzungen, die Versicherungen oft direkt für die Regulierung nutzen.
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Texterstellung: LLMs generieren strukturierte Texte, standardisierte Formulierungen und prüfen Grammatik und Stil. Das spart Zeit beim Erstellen der Gutachten und vermeidet Flüchtigkeitsfehler.
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Datenabgleich: KI kann Vergleichsdatenbanken mit hunderttausenden Gutachten auswerten und liefert objektive Anhaltspunkte für Plausibilitätsprüfungen.
Diese Tools entlasten den Gutachter vor allem bei Routineaufgaben. Die technische Erstellung eines Gutachtens kann dadurch teils deutlich schneller erfolgen, bei vergleichbarer oder sogar verbesserter formaler Qualität.
Zusammensetzung und Historie des Gutachterhonorars
Das Kfz-Gutachterhonorar basiert traditionell auf Honorartabellen. Maßgeblich ist dabei meist die festgestellte Schadenshöhe. Typische Struktur:
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Grundhonorar: Steigt mit der Schadenshöhe, degressiv (z. B. ca. 300–700 € bei Schäden bis 5.000 €, darüber teils 1.000 € und mehr). Grundlage sind u. a. Tabellen des BVSK (Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen).
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Nebenkosten: Für Fahrtkosten,
Fotodokumentation, Messungen oder Schreibarbeiten, meist im Bereich von 5 € bis 30 € je Posten.
Das Honorar wurde nicht gesetzlich fixiert, sondern hat sich über Jahrzehnte über Marktgepflogenheiten und Gerichtsurteile etabliert. Die Rechtsprechung erkennt es als erstattungsfähig an, solange es „erforderlich und üblich" ist (§ 249 BGB). Der BGH sieht dabei die tatsächliche Rechnung des Sachverständigen als starkes Indiz für die Erforderlichkeit solange keine Überhöhung vorliegt.
Effizienzgewinne durch KI
Die zentrale Frage lautet: Senkt KI den Arbeitsaufwand so stark, dass das Honorar nicht mehr angemessen ist?
Fakt ist: Viele Teilschritte sind durch KI schneller oder fast vollautomatisiert machbar (Textbausteine, Kalkulationen, Fotodokumentation). Gutachter können potenziell mehr Gutachten in derselben Zeit erstellen.
Beispiele aus der Praxis zeigen, dass Kfz-Gutachten heute teils in deutlich kürzerer Zeit vorliegen können auch, weil Bilderkennungstools Schäden automatisch klassifizieren und Standardtexte in Sekunden generiert werden.
Das Argument mancher Versicherer lautet daher: „Wenn die Erstellung mit moderner Software nur noch wenige Stunden dauert, rechtfertigt das noch ein Honorar von mehreren Hundert Euro?"
Grenzen der Automatisierung und die Rolle des
Kfz-Sachverständigen
Gleichzeitig gilt, KI ist nur ein Werkzeug. Die Verantwortung für Inhalt und Richtigkeit liegt voll beim Gutachter, denn er haftet für falsche Einschätzungen, auch wenn diese auf fehlerhaften KI-Vorschlägen beruhen. KI-Modelle können nur bekannte Musterschäden erkennen, bei verdeckten Schäden, komplexen Fällen oder Haftungsfragen ist menschliches Fachurteil, stand heute, noch unersetzlich. Für die Gerichtsfestigkeit muss der Gutachter alle Angaben prüfen und plausibilisieren.
Darüber hinaus erfordert der Einsatz moderner Tools Investitionen in Software. Effizienzgewinne bedeuten daher nicht, dass der Gutachter „nichts mehr arbeitet", sondern dass sich sein Schwerpunkt verschiebt: weg von Schreibarbeit, hin zur Bewertung, Kontrolle und Verantwortung.
Rechtliche Rahmenbedingungen und bisherige Praxis
Nach aktueller Rechtslage (§ 249 BGB) hat der Geschädigte Anspruch auf vollständigen Schadenersatz, einschließlich der Kosten für ein Gutachten. Dabei muss er keine billigste Lösung wählen, solange die Kosten üblich sind und der Beauftragung keine erkennbar überhöhten Preise zugrunde liegen.
Die Gerichte nutzen für diese „Üblichkeit" regelmäßig die BVSK-Honorarbefragung als Referenz. Der BGH hat mehrfach klargestellt, dass das Honorar nicht zwingend nach Zeitaufwand bemessen werden muss, sondern auch pauschal an der Schadenshöhe orientiert sein darf, weil es den Wert der erbrachten Dienstleistung und die übernommene Verantwortung widerspiegelt.
Versicherer versuchen allerdings zunehmend, Honorare zu kürzen und auf vermeintlich geringeren Zeitaufwand abzustellen. Einige Prüfgesellschaften argumentieren sogar für eine Art Zeitlohnmodell (Stundenansatz), konnten sich damit bisher aber vor Gericht nicht durchsetzen.
Erkenntnisse aus diesem Wissensartikel
KI wird die Kfz-Gutachtenerstellung in den nächsten Jahren weiter verändern. Texte, Bilder, Kalkulationen, vieles wird schneller und standardisierter. Der Gutachter bleibt aber für die fachliche Bewertung und Verantwortung unverzichtbar.
Die Honorare basieren bislang nicht auf Arbeitszeit, sondern auf dem Wert der Leistung und der Haftung. Aktuell sind sie trotz KI-Einsatz gerechtfertigt, nicht zuletzt, weil der Kunde weiterhin ein belastbares, überprüftes und haftungssicheres Gutachten erhält.
Gleichzeitig ist absehbar: Versicherer und Marktteilnehmer werden die Effizienzgewinne durch KI als Argument nutzen, um Honorare unter Druck zu setzen. Ob und wie sich die Honorare anpassen müssen, wird wohl eine Frage künftiger gerichtlicher Klärungen und Branchenvereinbarungen sein.
Quellen:
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BVSK Honorarbefragung (z. B.
https://www.bvsk.de/honorarbefragung)
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Krafthand.de, Interview mit DEKRA-Experten zur KI-Nutzung
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Diverse BGH-Urteile, z. B. VI ZR 67/06 zum Sachverständigenhonorar
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