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Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit, eine Sachanalyse

Zeuschners Seiten   

Hans-Dietrich Zeuschner, 10.00 

   Als nachhaltig wird im allgemeinen  Sprachgebrauch eine Maßnahme oder Sache bezeichnet, die in die Zukunft hineinwirkt. Arzneimittel haben i.d.R. nachhaltige Wirkungen, oder auch so genannte `schwere` Mahlzeiten; sie verhindern über längere Zeit das Hungergefühl. Den gleichen Kern trifft die Aussage, dass sich  eine gute Jugendarbeit in einem Verein „auszahlt“.

Auf dem Deutschen Baugewerkstag 2000  äußerte sich Bundeskanzler Schröder mit den Worten: „Wir dürfen nicht das aufessen, worauf unsere Kinder und Kindeskinder angewiesen sind.“   Dieses Zitat unterscheidet sich substanziell deutlich von den drei eingangs angeführten Beispielen des allgemeinen Sprachgebrauchs:  Erzeuger und Nutznießer der Nachhaltigkeit  sind nicht identisch. Weiterhin hebt der Spruch auf das betriebswirtschaftliche Prinzip Nachhaltigkeit (in stark didaktisch reduzierter Form) ab.

 

Betriebswirtschaftlich gesehen

   Die Betriebswirtschaft kennt den Begriff Nachhaltigkeit seit Langem. Darunter versteht man das  Prinzip für den wirtschaftlichen Umgang mit Vermögenswerten. In einer Periode sollen die Zugänge an Vermögensgütern eines Betriebes den Abgängen entsprechen, so dass  der Vermögensbestand gewahrt bleibt oder anders formuliert: Damit der Kapitalbestand eines Betriebes (mindestens) konstant bleibt, ist darauf zu achten,  dass die in einer Periode insgesamt getätigten  Bruttoinvestitionen   (mindestens) so groß sind wie der Werteverschleiß bzw. die Abschreibung.

Abstrahiert  auf den  Kerngehalt lautet das  Prinzip  Nachhaltigkeit:

Das Vermögen und / oder das Verhalten eines Wesens, gleich welcher Art bzw. welcher  Natur, verändert sich durch den Zu- oder den Abgang von Substanz.  Da die Folgen von  Substanzverlust  in der Regel als für das Wesen negativ bewertet werden, ist allgemein mindestens Substanzerhaltung  als ein erstrebenswertes Ziel  anerkannt.

Übrigens: Im DUDEN-Herkunftswörterbuch von 2001 lese ich: nachhaltig, > lange nachwirkend, stark<: Das seit dem Ende des 18.Jh.s bezeugte Adjektiv ist eine Ableitung von dem heute veralteten Substantiv Nachhalt >etwas, das man für Notzeiten zurückbehält, Rückhalt<, das zu dem gleichfalls veralteten  >andauern, wirken< (vgl. nach und halten) gehört.

 

Umweltökonomisch gesehen

   Zielt das Prinzip für den wirtschaftlichen Umgang mit Vermögenswerten auf die Existenzsicherung eines Betriebes ab, so bezieht sich die eingangs zitierte umweltökonomische Variante auf die Lebensbedingungen für die kommenden Generationen. Hier  geht es um die Sicherung der  Nachhaltigkeit bei regenerierbaren natürlichen Ressourcen und um den möglichst sparsamen Umgang mit den nicht regenerierbaren. Das  betriebswirtschaftliche  Prinzip  Nachhaltigkeit  wird auf das Naturvermögen von  Volkswirtschaften  transferiert,  d.h. auf die Summe aller in Geldeinheiten ausgedrückten natürlichen Vermögenswerte,  als da sind: Abbau der Bestände an natürlichen Rohstoffen; Bodenerosionen; Belastung  von Boden, Wald, Gewässern sowie Luft  mit Schadstoffen.

 

   Von Umwelt zum Umfeld und damit zum  Stichwort  „wachsende soziale Ungleichheit“. Im Zeitalter der Globalisierung ist nachhaltige Entwicklung nicht nur für den ökonomischen Sektor und für unsere Gesellschaft zu fordern sondern gleichermaßen weltweit für den Raum des Politischen mit den drei Dimensionen Polity (Form) / politischer Handlungsrahmen, Policy (Inhalt) / Inhaltliche Handlungsprogramme, Politics (Prozeß) / Politischer Willensbildungs- und Enscheidungsprozess  Eine zentrale Kategorie stellt die Tugend Gerechtigkeit dar.

 

Nachhaltigkeit ist ein Maßstab für Gerechtigkeit

   Gerechtigkeit wird seit der späten Antike definiert, als der feste und beständige Wille, einem jeden das Seine zukommen zu lassen. Die klassische Gerechtigkeitslehre beschreibt drei Dimensionen:

1.    Die Tausch- und Vertragsgerechtigkeit meint die Realisierung  des Prinzips  Gegenseitigkeit, das auf der Forderung aufbaut, das Geschuldete zu leisten, Verträge zu erfüllen. Diese Gerechtigkeitsform basiert auf dem Äquivalenzprinzip: Leistung und Gegenleistung  z.B. Arbeit und Lohn oder Ware und Preis müssen einander entsprechen.

Werden z.B. schwache Partner durch Lohn- bzw. Preisdumping sowie durch Knebelverträge übervorteilt, Schulden nicht beglichen, Verträge nicht erfüllt, so entstehen   den Betroffenen in der Gegenwart quantifizierbare Substanzverluste, mit Folgen für die  Zukunft (Prinzip  Nachhaltigkeit).

2.    Die  gesetzliche Gerechtigkeit ist die im Gemeinsinn gründende Bereitschaft, mindestens das zum Gemeinwohl beizutragen, was die gesetzlichen Vorschriften fordern. Sie ist gefährdet,    z.B. durch Missachten von internationalen Vereinbarungen und Verträgen,  Verstöße u.a. gegen Umweltschutzauflagen, gegen Tarifvereinbarungen sowie gegen Steuergesetze  verharmlost  und als Kavaliersdelikt angesehen werden.

In allen Fällen kann die Substanzverringerung der Betroffenen  in Geld bewertet werden.  Substanzverluste haben  Folgen für das Vermögen und/oder das Verhalten  Einzelner bzw.,  ggf. darauf folgend, der Gesellschaft (Prinzip Nachhaltigkeit).

3.    In der Verteilungs- oder Teilhabegerechtigkeit  bemisst  sich die Leistung der Gesamtheit für die einzelnen Bürger und Gruppen nach den Erfordernissen des Gemeinwohls und damit nach den Möglichkeiten der Gesamtheit. Der verhältnismäßige Ausgleich geschieht nach dem Proportionalitätsprinzip. Austeilende Gerechtigkeit meint die Bereitschaft der Regierenden, jeden Bürger in angemessener Weise am Gemeinwohl teilhaben zu lassen, an den Gütern, am inneren und äußeren Schutz, an Recht und Frieden, an den Voraussetzungen zur Entfaltung persönlichen und sozialen Lebens. Treten hier Substanzveränderungen ein, hat dies Folgen für das Verhalten und/oder das Vermögen der Betroffenen und in der Folge der Gesellschaft  (Prinzip Nachhaltigkeit).

H.-D. Zeuschner


 

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